Situative Führung: flexibel und situativ führen mit dem 4 Stufen Führungsstil

Situative Führung
Von Sebastian Schneider // 11.07.2023 // 0 Kommentare

In einer dynamischen Geschäftswelt ist Flexibilität an der Tagesordnung. Hier kommt das Konzept der “Situativen Führung” ins Spiel, ein Ansatz, der es Scrum Master, Managern, Leadern, Product Ownern und anderen Mitgliedern des Scrum Teams ermöglicht, ihren Führungsstil nach den jeweiligen Umständen und Anforderungen anzupassen. Mit dem Vier-Stufen-Führungsstil kann diese Flexibilität noch gezielter umgesetzt werden. In diesem Artikel werden wir uns mit diesem facettenreichen Konzept beschäftigen und erläutern, wie du die Prinzipien der situativen Führung nutzen kannst, um effektiver zu führen und dein Team zum Erfolg zu führen. Im Scrum Coaching kann dir das Modell neue Wege eröffnen. Begleite mich auf dieser spannenden Reise durch den Dschungel des modernen Managements mit einer Technik, die es schon sei den 70ern gibt! 

Situative Führung von Hersey und Blanchard aus den 70ern

Während man heute für das Aufstellen einer einfachen 2*2 Matrix keinen Namen mehr zugesprochen bekommt oder ein Model ableiten kann, war es in den 70ern noch anders. Paul Hersey und Ken Blanchard (auf Basis von Fred Fiedler) haben mit einer 2*2 Matrix Führungsmatrix mit zwei Variablen detailliert den Fokus auf Situationen in Führung gelegt:

Situatives Führen
  • Mitarbeiterorientierung. Wie viel Unterstützung bekommt der Mitarbeiter durch die Führungskraft (FK)
  • Aufgabenorientierung. Hier geht es darum, wie viel Anleitung der Mitarbeiter durch die FK bekommt.

Und diese beiden Variablen haben wir unterschiedliche Ausprägungen. Einmal hoch und einmal niedrig, so dass vier Quadranten entstehen. Diese vier Quadranten können nun Hinsichtlich Führungsstil und Reifegrad analysiert werden. Braucht es eine hohe Aufgabenorientierung? Oder muss die Mitarbeiterführung hoch sein? Dabei nimmt oft der Vorgesetzte einen bestimmten Führungsstil ein.

Die vier Stufen des situativen Führungsstils

Man kann sie als vier Stufen der Selbstständigkeit von Mitarbeitern verstehen. Erfolgreich sind meist die Führungskräfte, die je nach Situation den passenden Führungsstil anwenden können. Es gilt Entscheidungen zu treffen und der Führungsstil gibt dir dazu eine gute Möglichkeit, die Situation zu reflektiere

Anweisen: Mitarbeiterorientierung niedrig, Aufgabenorientierung hoch

Innerhalb dieses Quadranten kann es mehrere Ausprägungen geben. An dem einen Ende geht es mehr darum, knall harte Ansagen zu machen. Am anderen Ende geht es schon mehr darum, Menschen anzuleiten. Diese aufgabenorientierte Führung passt immer dann, wenn die FK und der MA eng zusammenarbeiten müssen. Dieser Führungsstil ist sehr zeitintensiv für die FK. Hier solltest du beachten, dass MA diesen Schritt auch wieder verlassen sollten.  Damit Teammitglieder individuell und flexibel werden, Aufgaben- und Entscheidungsprozess in Richtung des MA wandern, kann das nur als Zwischenschritt begriffen werden. Diesen Stil kannst auch auch deutlich mehr als autoritär begreifen. Hier finden aufgabenorientiert klare Anweisungen statt. Es gilt eine Aufgabe zu erledigen, der Vorgesetzte gibt klare Vorgaben.

Überzeugen: Mitarbeiterorientierung hoch, Aufgabenorientierung hoch

Auch hier finden wir wieder zwei unterschiedliche Ausprägungen. Die eine ist, dass wir versuchen Menschen zu "überreden". Auf der anderen Seite können wir hier schon in einen erklärenden Stil gehen. Dieser Bereich ist dadurch gekennzeichnet, dass die FK deutlich mehr Fragen zulässt, in den Austausch geht und wir auch Ausbildung und z.B. Mentorensysteme (fachlich) finden. Wir können hier in der Regel schon anders mit den Mitarbeitern umgehen.

Coachen: Mitarbeiterorientierung hoch, Aufgabenorientierung niedrig

Dieser Quadrant hält für uns zum einen eine Art Lösung geben bereit und die andere Ausprägung geht mehr zur Ermutigung über. Der Führungsstil setzt auf wenig aufgabenorientiertes und viel beziehungsorientiertes Verhalten. Hier bezieht die FK den MA aktiv ein und so wird versucht mehr und mehr diese zu ermutigen, selbst zu Entscheidungen zu kommen. Die Wertschätzung ist spürbar und wird gelebt.

Delegation: Mitarbeiterorientierung niedrig, Aufgabenorientierung niedrig

Delegation können wir zu Beginn als "überwachen" begreifen, später als "begleiten". Detaillierte Anweisungen findest du hier nicht mehr. Der Führungsstil bietet viel Freiraum und ist nicht aufgabenbezogen wie beispielsweise andere Stile. Hier geht es auch im das Loslassen, um das Delegieren und sich so auch als FK Freiräume zu gestalten. Die Selbstständigkeit des MA steht im Vordergrund.

Vor- und Nachteile des situativen Führungsstils

Ein Modell ist ein Modell und hat immer unterschiedliche Perspektiven besitzen. Ich habe mal aus der Praxis einige Aussagen gesammelt, die nicht unbedingt immer zutreffen müssen. Nutze diese, um gerade bei dir zu reflektieren, nicht um zu bewerten!

Vorteile des situativen Führungsstils:

  • Flexibilität: Dieser Führungsstil ermöglicht es Managern, ihre Strategien je nach Situation anzupassen. Es ist nicht an einen einzigen Ansatz gebunden und kann daher in verschiedenen Szenarien effektiv sein.
  • Personenorientiert: Der situative Führungsstil berücksichtigt die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter. Dies kann dazu beitragen, dass sich Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen und zu einer verbesserten Arbeitsmoral führen.
  • Dynamik: Da es auf Veränderungen reagiert, fördert der situative Führungsstil eine dynamische Arbeitsumgebung, die Innovationen begünstigen kann.
  • Delegation & Entwicklung. Als gute Führungskräfte möchte man natürlich seine Mitarbeiter entwickeln. Mit der situativen Führung ist das möglich, da jeweils genau passend zur Situation ein Führungsstil verwendet werden kann.
  • Effizienz: Durch das Anpassen der Führtunsstile an die individuellen Bedürfnisse und Kompetenzen der Mitarbeiter kann ein hohes Maß an Effizienz erreicht werden.
  • Motivation: Da sich diese Art der Führung auf die Mitarbeiter konzentriert, kann sie dazu beitragen, ihre Motivation und ihre Zufriedenheit am Arbeitsplatz zu steigern.
  • Teamarbeit: Situative Führung fördert auch die Teamarbeit. Da der Führungsstil variiert, können verschiedene Mitarbeiter in unterschiedlichen Situationen eine führende Rolle übernehmen.
  • Förderung von Selbstvertrauen und Autonomie: Indem den Mitarbeitern Verantwortung übertragen wird, können sie ihr eigenes Potenzial erkennen und selbständiger agieren.
  • Kommunikation: Dieser Ansatz ermutigt zur offenen Kommunikation zwischen Managern und Mitarbeitern. Das hilft dabei, Missverständnisse zu vermeiden und sorgt für eine effektive Kommunikation im Team.

Nachteile des situativen Führungsstils:

  • Inkonsistenz: Da dieser Stil variieren kann, können Mitarbeiter ihn als inkonsistent empfinden. Diese Inkonsistenz könnte zu Verwirrung oder Unsicherheit führen.
  • Abhängigkeit von der Einschätzung des Anführers: Der Erfolg dieses Stils hängt stark von der Fähigkeit des Managers ab, Situationen korrekt zu bewerten und den passenden Stil anzuwenden. Eine falsche Einschätzung könnte negative Auswirkungen haben.
  • Zeitaufwand: Da dieser Ansatz eine individuelle Betrachtung erfordert, kann er zeitaufwendiger sein als andere Führungsstile.
  • Fehlende langfristige Vision: Da der situative Führungsstil sich stark auf kurzfristige Aufgaben konzentriert und von Situation zu Situation wechselt, kann es sein, dass eine langfristige Vision oder Strategie fehlt. Dies könnte dazu führen, dass das Team oder die Organisation ihre langfristigen Ziele aus den Augen verliert.
  • Schwierigkeiten bei der Mitarbeiterentwicklung: Da dieser Stil in erster Linie auf die aktuelle Arbeitsleistung und nicht auf die persönliche Entwicklung des Mitarbeiters ausgerichtet ist, könnten einige Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre berufliche Weiterentwicklung vernachlässigt wird.
  • Risiko einer Überforderung der Mitarbeiter: Durch ständiges Wechseln des Führungsstils können sich Mitarbeiter überfordert fühlen. Sie müssen sich immer wieder anpassen und umstellen, was Stress verursachen kann.
  • Mögliche Wahrnehmung von Willkür: Wenn der Führungsstil kontinuierlich variiert und nicht alle Mitarbeiter gleich behandelt werden (weil sie unterschiedlich geführt werden), könnte dies als Willkür wahrgenommen werden, was zu Unzufriedenheit im Team führen kann.

  • In VUCA Zeiten nicht mehr aktuell. Aus den 60er Jahren stammend und nur noch wenig in den 70er Jahren angepasst, lässt die These offen, dass der situative Führungsstil nur bedingt auf die VUCA Zeit übertragen werden kann. 
Situatives Führen

Individuell fördern: Bedürfnisse und Situationen

Es wird mit dem Reifegrad geführt, den ein Mitarbeiter hat. Und das ist wichtig. Sowohl der Scrum Master als auch der Product Owner können diese Art nutzen, um das Team zu entwickeln. Es ist klar, dass jeder Mitarbeiter Persönlichkeitsmerkmale besitzt, die zu berücksichtigen sind. Bei Mitarbeitern muss die Führungskraft aufgaben- oder beziehungsorientiert einen Schwerpunkt setzen und laufend überprüfen, ob und wie diese zu den Bedürfnissen des Mitarbeiters passt. Egal, ob selbstorganisiertes Team oder klassische Hierarchie (Mitarbeitergespräche), die Theorie des situativen Führens kann in der Arbeitswelt helfen.

Leadership, Führungskraft und Führungsverhalten

Führungsstile beherrschen ist für Leadership, Führungskraft und Führungsverhalten wichtig. Das Modell der situativen Führung ist dabei eines aus dem Jahr 1977 und kann eine Ergänzung für Führungskräfte sein. Grundsätzlich macht das Modell aus dir keinen Leader und ebenso erntest du damit keinen Anspruch auf eine Führungsposition. Es kann aber ein wertvolles Modell für dich sein, wenn du entweder dich auch so eine Rolle vorbereitest oder in deiner bereits existenten Rolle besser werden möchtest.

Führung ist situativ: Die Reifegrade bei Mitarbeitern

Wir haben den Begriff Reifegrad mehrfach schon verwendet und dieser ist immer mit Vorsicht zu genießen. Wenn wir von einem niedrigen Reifegrad des Mitarbeiters sprechen, darf das nie als Bewertung aufgefasst werden, sondern als Entwicklung. Die Folge eines guten situativen Führens kann sein, dass sich der Mitarbeiter dadurch weiterentwickelt. Wie du in den Abbildungen erkennen kannst, kann man diese Reifegrade auch als Reise der Mitarbeiter verstehen. Wichtig dabei ist auch, nicht jeder Mitarbeiter wird diese Reise durchmachen. Nicht jeden Mitarbeiter oder jedes Teammitglied kann in die entsprechende Position gebracht werden. Das ist aber auch nicht schlimm, und abhängig vom Kontext.

Verschiedene Führungsstile - welcher ist deiner?

Es ist wichtig zu verstehen, dass du dir darüber im Klaren bist, welchen Führungsstil du in der Regel anwendest. Den idealen Führungsstil oder einen einheitlichen Führungsstil kann es nur in deinem Kontext (flexibel) geben, nicht aber generell. Wichtig ist, dass Mitarbeiter motiviert und engagiert sind und es bleiben. Dafür braucht es Fingerspitzengefühl und eine gute Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Welche Führungsstile es gibt und die abschließende Betrachtung kann ich natürlich in diesem Artikel nur anreißen. Führung findet natürlich immer statt, beim situativen Führen oder auch sonstigen Modellen (z.B. Situative Führungsstil vs. kooperativer Führungsstil). Passt die Führungskraft das Vorgehen an, ist dieses extrem wertvoll, egal in welchem Kontext.

Wie geht es weiter? Situativ führen mit Motivation und Delegation

Einige Konzepte sind voneinander zu trennen, auch wenn sie thematisch eng beieinander liegen. Eine Unterstützung durch die Führungskraft kann aber immer erfolgen. Eng verbunden sind die Konzepte mit Motivation und Delegation. Motivation brauchen Mitarbeiter und Führungskräfte brauchen die Delegation, damit sie Mitarbeiter entwickeln und Aufgaben weitergeben können. Sonst kommen diese schnell in ein Micromanagement.

Delegation

Wenn wir an Delegation denken, gibt es ein paar weitere Modell, die ich kurz anreißen möchte.

Delegation Poker

Eine konkrete Idee, das Vorgehen des Führungsverhaltens zu verbessern, kann Delegation Poker sein. Geht es um die konkrete Delegation, ist das ein hilfreiches Tool. Wenn du schon etwas erfahren bist, kannst du das Modell direkt mappen (siehe Abbildung).

Eisenhower Matrix

Die Eisenhower Matrix ist ein Klassiker, Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu sortieren. Ist eine Aufgabe dringend aber nicht wichtig, kann das eine gute Möglichkeit sein, diese zu delegieren.

Gute Delegation

Nicht als Modell aber als gute Checkliste können die 6 W's der Delegation helfen. Damit kannst du immer prüfen, ob du etwas wichtiges vergessen hast, wenn du an das Delegieren denkst:

  1. Was soll delegiert werden
  2. Wer soll es tun
  3. Wann soll es fertig sein
  4. Wie soll es getan werden
  5. Womit soll es getan werden
  6. Warum soll es getan werden

Motivation

Motivation ist ein spannendes und weites Thema. Eng verbunden mit der Motivation in diesem Artikel möchte ich besonders noch drei Modelle nennen.

Drive

Was motiviert Menschen? Das hat Dan Pink untersucht und in seinem Buch beschrieben. Es ist genau dann, wenn die Faktoren Autonomy, Purpose und Mastery zusammen kommen.

Moving Motivators

Eine andere Herangehensweise aus dem Management 3.0 sind Moving Motivators.

SCARF

SCARF kommt aus der Hirnforschung ist ist im Gegensatz zu vielen anderen Modellen ein recht neues. David Rock hat 2008 dieses Modell die Welt erblicken lassen und ich finde dieses zum denken auch sehr interessant.

Sebastian Schneider ist dem Framework Scrum - es war Liebe auf den ersten Sprint - bereits seit 2005 verfallen. Seitdem begleitet er Unternehmen (meist größere) bei der Transition in eine neue Arbeits- und Produktwelt.

Dafür findet er den richtigen Grad zwischen zielgerichteten systemischen Impulsen und dem nachhaltigen Coaching in der Organisation, um diese bei der Entwicklung und Optimierung des eigenen Kundenmehrwerts zu unterstützen und entwickelt mit ihnen Produkte, die ihre Kunden lieben.

Im richtigen Maß gehören dazu die effektive und effiziente Facilitation dazu, sowie agile Spiele und Simulationen, die sein Themenfeld auf einfache Art begreiflichen machen.

Auf Konferenzen, sei es im Fachbeirat oder als Akteur, gibt er gerne Erkenntnisse weiter und freut sich über Kontakte von Angesicht zu Angesicht.

>