Scrumban – was genau verbirgt sich dahinter?

Von Sebastian Schneider // 29.07.2022 // 0 Kommentare

Wer sich mit agilen Methoden befasst oder sich in diesem Bereich bereits weiterbilden konnte, der wird auf Begriffe wie Scrum und Kanban stoßen. Beide Begrifflichkeiten spielen gleich eine enorme Rolle. In diesem Ratgeber wird es um Scrumban gehen. Wir werden erläutern, was Scrumban ist und wie du diese Hybridmethode anwenden kannst.

Was ist Scrumban?

Scrumban ist, wie bereits angesprochen, eine Hybridmethode. Sie setzt sich aus der agilen Methode Scrum und der Arbeitsmanagement-Methode Kanban zusammen. Die Mischung aus beiden Methoden soll mit einer dazwischenliegenden Framework garantieren, dass man als Anwender nur die besten Eigenschaften der beiden Methoden nutzen kann.

Diese besondere Mischform ist kein neuer Trend, sondern es gibt sie bereits seit 2004. Damals kam David J. Anderson die Idee, Kanban-Praktiken auf die Softwareentwicklungsprojekte anzuwenden, da sich dieser Ansatz bereits in der Produktionsindustrie beweisen konnte. Kanban bot ein visuelles Task Board, um Prozesse zu kontrollieren und Engpässe zu analysieren.Und natürlich sind auch die agilen Methoden, welche du als Scrum kennst, nicht unbekannt oder gar neu. Jeff Sutherland und Ken Schwaber stellten die Scrum Methoden erstmals 1995 vor. Seitdem arbeiten sehr viele Unternehmen mit diesen Prozessen.

Warum wurden Kanban und Scrum miteinander kombiniert?

Du wirst dich nun vielleicht fragen, warum gerade diese beiden Methoden miteinander kombiniert wurden. Eine Neuheit ist diese Hybridmethode nicht. Jedoch schafft die Verschmelzung beider Ansätze die Möglichkeit, das System dahinter noch flexibler und reaktiver zu machen. Je nach Anforderung deines Teams kann beispielsweise ein Etappenziel nach Scrum auf dem Scrum Board in drei Kanban Arbeitsphasen eingeteilt werden. Doch welchen Sinn hätte diese Kombination für dich? In dem gerade eben beschriebenen Beispiel ist es dank der Kanban-typischen Arbeitsphasen möglich, einzelne Prozesse und Schritte eines Projektplan detaillierter zu betrachten.

Typisch für diese Hybridmethode ist auch die Eliminierung der Sprints, welche durch inkrementelle Kanban Arbeitsplanungen ersetzt werden. Der Scrum Master kann jedoch weiterhin, wenn es das Personalmanagement zu lässt, die Teams betreuen. Außerdem werden retroperspektiven gestrichen. Diese werden durch die Kaizen-Prinzipien ersetzt, wodurch sich die Mitarbeiter mehr der Prozessoptimierung zuwenden. In sogenannten Daily Meetings werden dann gemeinsame Lösungen gefunden.

Das hört sich alles recht gut an. Doch schnell wird den Teams, die Scrumban nutzen wollen, verdeutlicht, dass es keine fest definierten Methoden gibt. Viel mehr werden die Mitarbeiter der Teams dazu angehalten individuelle Abläufe zu finden. Es werden also alle nützlichen Aspekte von Scrum und Kanban verwenden und individuell zusammengestellt.

Scrumban: So funktioniert die Hybridmethode

Die Grundlagen haben wir nun schon etwas näher beleuchtet. Kommen wir nun zu der Funktionsweise des Scrumban. Dabei werden Elemente aus Scrum und Kanban miteinander kombiniert. Dabei solltest du aber beachten, dass diese Elemente so strukturiert sind, dass du mit dieser Methode deine Ziele auch erreichen kann. Um das genauer definieren zu können, werden wir uns in diesem Abschnitt die Rollen, die Teams und den Ablauf genauer ansehen.

Die Rollen beim Scrumban

Wer sich mit Scrum befasst hat, der wird wissen, dass es bei dieser Methodik strikte Formalismen gibt. Zu finden sind:

  • Scrum Master
  • Product Owner
  • Entwickler
  • Artefakte wie Product Backlog, Sprint Backlog und Inkremente
  •  Events wie Sprint, Daily Scrum, Sprint Planning, Sprint Review, Sprint Retrospektive

Diese Rollenverteilung kannst du bei Kanban nicht finden und das aus einem sehr guten Grund. Denn Kanban kommt aus der Fertigungsindustrie und sollte Prozesse optimieren, um störende oder nicht gewinnbringende Prozessbestandteile zu erkennen.

Beim Zusammenwürfeln der beiden Methoden kam es nun dazu, dass es immer noch die wichtigsten Scrum-Prinzipien gibt. Jedoch bietet Scrumban nun mehr Flexibilität, wodurch auch mehr Freiheiten entstanden sind. Der Einbezug von Kanban bringt eine Erweiterung der Prozessabläufe mit sich und visualisiert diese entsprechend. Es ist also nicht mehr notwendig, die strickten Rollen aus dem Scrum Prozess beizubehalten. Denn Ziel ist es, dass jedes Team schnell und effizient arbeitet.

Die Tools von Scrumban- Scrumban-Board mit WIP-Limits, Task Cards und Durchlaufzeit

Organisation ist beim Scrumban das Wichtigste, ganz nach dem Motto: Prozesse so optimieren, dass du schneller an dein Ziel gelangst. Dafür sind verschiedene Tools im Einsatz. Diese Werkzeuge dienen dazu, die Prozesse zu visualisieren und zu kontrollieren. Es werden nun die wichtigsten Werkzeuge vorgestellt.

Scrumban-Board

Die Teams, welche ein solches Board verwenden, teilen den Arbeitsablauf in mehrere Phasen auf. Das ist bei einem Kanban-Board normalerweise nicht der Fall. Warum dann diese Aufteilung? Diese soll verdeutlichen, dass es sich um einen graduellen Prozess handelt, der mit Sprint-ähnlichen Projektplanungsansätzen erstellt wurde. Ein besonderes Merkmal des Scrumban-Board darf noch erwähnt werden. Diese Boards besitzen oftmals noch „Sprint"-Phasen oder „Story"-Arbeitspakete. Diese dienen dazu, die Bearbeitungsfortschritte nachzuvollziehen, auch wenn das Team permanent an dem
Projekt arbeitet. Die Scrumban-Teams sind zudem freier in der Gestaltung und der Priorisierung der spalten-Elemente. Damit unterscheidet sich dieser Ansatz beispielsweise von den Kanban-Methoden, Wo die Teams nach der First-In-First-Out-(FiFo)-Regelvorgehen.
Wozu aber ein Scrumban-Board nutzen? Dieses ist als reines Hilfsmittel gedacht und soll den aktuellen Sprint-Stand verdeutlichen.

Wozu aber ein Scrumban-Board nutzen? Dieses ist als reines Hilfsmittel gedacht und soll den aktuellen Sprint-Stand verdeutlichen.

Was war jetzt ein Sprint? Hierbei handelt es sich um ein klar abgegrenztes Zeitfenster innerhalb eines Projektes. Jedes Projekt besteht aus mehreren dieser „Sprints". Wichtig ist, dass alle diese Zeitfenster im Rahmen des Projektplans gleich lang sind. Die Aufgaben, die in dem Sprint erledigt werden, sind dann im Sprint Backlog zu finden. Oftmals werden die Aufgaben im Board unter To Do, Doing und Done eingeteilt.

WIP Limits

Wer von diesen schon einmal etwas gehört hat, wird sehr schnell wissen, dass sie nicht immer ganz angenehm sind. Die grundlegende Regel bei den WIP Limits ist, das sobald eine Spalte voll ist, keine neue Aufgabe angefangen werden kann. Wie ist das zu verstehen. Stellen wir uns einmal vor, wir haben eine Spalte mit fünf Karten. Das Limit dieser Spalte beträgt fünf. Sind diese fünf Karten nun alle in Bearbeitung, kann keine neue angefangen werden. Welchen Sinn hat diese Regel nun genau? Nehmen wir das Beispiel von gerade eben. Ein Entwickler wird durch die maximale Auslastung der Spalte blockiert, das ist sehr unangenehm. Was kannst du in diesem Fall machen? Du kannst als Entwickler deinen Kollegen helfen, damit diese schneller fertig werden. Der Hintergrund dieser Regelung ist, dass ihr als Team nicht wahllos viele Karten besitzt, die alle angefangen sind, sondern sich als Team auf die Erledigung der Aufgaben fokussiert.

Die Arbeitskarten bei Scrumban

Die Einteilung in Arbeitskarten kommt aus dem Kanban-Prozess. Auf den Karten vorzufinden sind die Beschreibungen der zu erledigenden Aufgaben. Also ein Briefing. Diese Karten werden von den Teams in den Bereich „Flow" gezogen, der sich in unterschiedliche Stadien aufteilt.

Lieferzeiten

Die Lieferzeit wird nach Kanban wie folgt gemessen. Es ist der Zeitraum, in dem der Kunde einen Auftrag auslöst, bis zur Abgabe des fertigen Projektes. Im Bereich Zeit kannst du noch eine zweite Definition finden, die sich auf die Zyklus-Zeit bezieht. Diese beschreibt den Zeitraum, in dem das Entwicklerteam die Erarbeitung des Auftrags vornimmt. Durch kontinuierliche Messungen dieser beiden Kenndaten kannst du schnell die Fähigkeiten eines Teams erkennen und auf lange Sicht analysieren, ob sich ein Team verbessert hat.

Die Praktiken des ScrumBans

Wir haben nun schon die Grundlagen kennengelernt und die Werkzeuge, die du mit diesem Prozess kombinieren kannst. Nun kommen wir noch zu dem Thema Praktiken. Es geht nun also um die Durchführung eines Scrumban-Projektes. Dabei zu beachten ist, dass die Framework die Arbeit in 1-4wöchigen Iterationen plant. Es wird keine täglichen Besprechungen geben und auch die Planung erfolgt immer je nach Bedarf.

Scrumban Iterationen

Die Regel ist oft, dass die Scrumban-Iterationen 1-4 Wochen betragen, doch normalerweise sind diese auf 2 Wochen bezogen. Das ermöglicht vor allem eine sehr schnelle Reaktionszeit. Auch Probleme werden dadurch massiv verringert. Wie beim Scrum Prozess auch muss eine einmal begonnen Iteration auch abgeschlossen werden. Jedoch muss ein Team nicht für jede Iteration eine neue Aufgabe planen. Sie können einfach nach Priorität aus dem Backlog geschoben werden.

Planning

Zu Beginn eines Sprints (hatten wir weiter oben besprochen) wird die Sprint-Planung durchgeführt. Diese findet als Kick-off statt. Dieses Treffen sieht vor, dass die Planung der Anforderungen und der Arbeitspakete des aktuellen Sprints besprochen werden. Eine Voraussetzung für dieses Treffen is ein ordentliches Product Backlog. Es dient als Basis zur Erstellung des Selected Backlog mit den relevantesten Anforderungen. Nicht zu vergessen das Selected Backlog ist sozusagen die Wunschliste des Product Owners.

Review

Die Review finden immer am Ende eines Sprints als Treffen statt. Im Fokus stehen die Beurteilung und die Abnahme der bis dato erledigten Aufgaben, die in dem Sprint integriert waren. Wichtig bis zu diesem Termin ist die Erreichung des Sprint-Ziels. Dieses wurde vorab im Sprint-Planning erarbeitet.

Retrospektive

Bei der Scrumban-Retrospektive nehmen wie in Scrum am besten alle teil, die eine Perspektive mit einbringen können, die beim Verständnis der Sitution hilft. Die Scrumban-Retrospektive gibt nun den Raum für offenes Feedback innerhalb des Teams. Ziel ist es, Frust zu vermeiden, Motivation zu fördern und anschließend auch Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Auch Verbesserungsvorschläge für Abläufe oder andere Prozessbereiche sind willkommen.

Langzeitplanung

Ein sehr großer Vorteil an Scrumban ist die Möglichkeit, auf lange Sicht zu planen. Anstatt sich auf die aktuelle Situation zu fokussieren, bietet die Framework die Chance, Visionen und Ziele zu fixieren. In der Praxis heißt dieser Schritt Bucket. Dabei angewendet wird die Bucket-orientierte Kapazitätenprüfung. Diese ermöglicht es im Rahmen der Blockplanung die Kapazitätenverfügbarkeit von Ressourcen zu überprüfen und sie eventuell zu reservieren. Hierzu möchte ich jedem Interessenten ein Beispiel geben:

  • 1.Jahr-Bucket: für groß und nur grob definierte Ziele, die ein Team innerhalb der 365 Tage erreichen möchte.
  • 6-Monate-Bucket-Ziele die kurz vor der Umsetzung stehen. Diese Ziele werden zu konkreteren Plänen.
  • 3-Monate-Bucket: Für Pläne und Ziele die fast fertig sind. Es werden Details zugefügt und notwendige Schritte geplant.
  • Current-Bucket: Aufgaben, die das Team als nächstes in Angriff nimmt und umsetzt.

ScrumBan Software

Agile Frameworks sind besonders beliebt und die wachsende Nachfrage ruft natürlich auch die Projektmanagement-Tools mit auf den Plan. In den letzten Jahren sind immer mehr solcher Tools entstanden. Auch bei Scrumban ist das der Fall. Diese Tools ermöglichen es den Teams, das Management schneller zu verwalten und Projektinformationen an verschiedenen Standorten anzurufen.Wichtig ist, dass du dich selber für eine Software entscheiden solltest, die du modifizieren kannst und auf die eigenen Bedürfnisse anpasst. Hier können praktisch alle existierenden Kanban Lösungen genannt werden: Kanbanize, Jira, ...

Sebastian Schneider ist dem Framework Scrum - es war Liebe auf den ersten Sprint - bereits seit 2005 verfallen. Seitdem begleitet er Unternehmen (meist größere) bei der Transition in eine neue Arbeits- und Produktwelt.

Dafür findet er den richtigen Grad zwischen zielgerichteten systemischen Impulsen und dem nachhaltigen Coaching in der Organisation, um diese bei der Entwicklung und Optimierung des eigenen Kundenmehrwerts zu unterstützen und entwickelt mit ihnen Produkte, die ihre Kunden lieben.

Im richtigen Maß gehören dazu die effektive und effiziente Facilitation dazu, sowie agile Spiele und Simulationen, die sein Themenfeld auf einfache Art begreiflichen machen.

Auf Konferenzen, sei es im Fachbeirat oder als Akteur, gibt er gerne Erkenntnisse weiter und freut sich über Kontakte von Angesicht zu Angesicht.

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