Das Problem von Commitment und Schätzung
Commitment und Schätzung werden in meiner beruflichen Tätigkeit oft als Synonym verwendet. Ein fataler Fehler, denn kein Team, kein Mitarbeiter traut sich mehr etwas zu schätzen, denn seine Schätzung wird als Commitment aufgefasst und weiter verwendet.
Der Manager nimmt die Schätzung und teilt es dem Vertrieb, dem Geschäftsführer und weitere Stakeholdern mit. Dabei wollte das Team einfach eine Schätzung abgeben, wie lange sie wohl mit der vorhandenen Mannschaft brauchen, um eine Funktionalität zu liefern. Es ist egal und unbedeutend, ob diese Schätzung richtig oder falsch ist. Es war und bleibt eine Schätzung.
Diese Schätzung "wir denken, wir brauchen Zeit X, um diese Funktionalität zu liefern", wird als Commitment (Verpflichtung) interpretiert, "wir liefern in der Zeit X diese Funktionalität".
Commitment heißt Forecast im Scrum Guide
Während früher sich das Wort "Commitment" im Scrum Guide gefunden hat, gibt es das nun nur noch in den Scrum Werten, aber nicht mehr bei der Schätzung.
Es wurde ersetzt. Das neue Wort heißt Forecast. Forecast soll ausdrücken, dass sich in Zeiten von Komplexität und Ungewissheit, keine Verpflichtung auf genau diese X Einträge aus dem Backlog erreichen lässt. Stattdessen gibt das Entwicklungsteam nun eine Vorschau ab - muss es nun keine Verpflichtung mehr geben?
In meinen Augen muss das Entwicklungsteam nach wie vor eine Verpflichtung abgeben. Das Wort wurde zwar in der Beschreibung geändert, aber die Bedeutung hat sich für mich inhaltlich nicht stark geändert. Es hilft aber typischen Außenstehenden Personen einen besseren Einblick zu bekommen. Während früher vielleicht kein Manager zwischen Commitment und Schätzung unterschieden hat, fehlt diesen Personen nun das harte Kriterium. Foreacest klingt weitaus schwächer oder einfacher. Es entschärft die Sprache in meinen Augen.
Keine Schätzung ohne Wahrscheinlichkeit!
Commitment und Schätzung lassen sich leicht unterscheiden, wenn die, die Schätzungen vornehmen eine Wahrscheinlich mit angeben.
Entwickler: "Mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% brauchen wir 7 Tage"
Manager: "Und wie komme ich auf 95%?"
Entwickler: "dazu brauchen wir 47 Tage"
Manager: "was?"
Und plötzlich sind alle Personen in einem Dialog und kommunizieren. Es ist keine absolute Schätzung, sondern hilft, die inhaltliche Diskussion anzustoßen.
Falsche Schätzung und Commitment führt zudem zum Parkinsonschen Gesetz: Wenn ich sage, ich brauche 7 Tage und bin nach 2 Tagen fertig, was tue ich dann? In der Regel füllt sich die vorhandene Zeit mit der Aufgabe. Obwohl wir mehr leisten könnten (wir sind nach 2 Tagen fertig) werden wir die 7 Tage ausnutzen. Denn sonst hätte wir uns ja "verschätzt". Das kann dann bei Vorgesetzten oder Auftraggebern in den falschen Hals kommen.
Zudem generieren Sie hiermit Puffer bei den Mitarbeitern. Ihr Mitarbeiter werden beginnen mehr zu schätzen, als sie brauchen, wenn Sie die Schätzung als Commitment ansehen.